Das Fairphone aus Sicht unserer Entwickler

Es kursieren ja schon etliche Artikel zum Fairphone. Immer wieder wird dabei auch die Frage diskutiert, wie fair das Gerät im Vergleich zu beispielsweise Apple- oder Samsung-Geräten nun tatsächlich produziert wurde. Das soll aber nicht Gegenstand dieses Artikels sein. Der Fokus soll viel mehr auf dem Gerät selbst und vor allem dem Betriebssystem und seinen Modifikationen liegen. Ob eine solche Betrachtung nun fair ist, oder nicht, möge jeder selbst entscheiden.

Die Äußerlichkeiten

Beim ersten in die Hand nehmen fällt sofort auf, dass das Gerät mit seinem Gewicht und seiner Dicke von gut einem Zentimeter einen gleichermaßen hochwertigen wie klobigen Eindruck macht. Viele, auch vergleichsweise teure Geräte, fühlten sich in der Vergangenheit doch sehr nach klapprigen Plastikschachteln an, nicht so das Fairphone.

Ein wirklich tolles Feature, das viel zu selten angeboten wird, ist DUAL-SIM. Nicht nur Menschen mit Dienstnummer kann ein DUAL-SIM-Handy das Mitschlüren eines zweiten Gerätes ersparen, auch bei Auslandsaufenthalten habe ich mir bei meinen Geräten schon des öfteren einen zweiten Slot gewünscht.

Fairphone-Dual-Sim

Beim Fairphone hat man sich für Softkeys und gegen Software Keys entschieden. Wie schon bei Samsung ist dabei der Back Button nach rechts gewandert. Eine Anpassung, die wohl der Tatsache geschuldet ist, dass Rechtshänder die untere rechte Ecke mit dem Daumen leichter erreichen als die linke. Der Verfasser dieser Zeilen ist allerdings der Auffassung, dass in Regionen mit rechtsläufiger Schreibrichtung eine Zurück-Taste in die untere linke Ecke gehört. Der nach rechts gewanderte Button trägt zwar das Icon des Multitasking-Buttons, tatsächlich verbirgt sich aber der seit Ice Cream Sandwich an sich überflüssige Menü-Button dahinter. Die aktiven, respektive meistgenutzten Apps erreicht man beim Fairphone über das Gedrückthalten des mittigen Home-Buttons. Zumindest das Verhalten des Multitasking-Buttons ist anfangs verwirrend und, da die Menü-Taste eigentlich in die ActionBar gewandert ist, zudem auch eine eher überflüssige Anpassung, die Nexus Nutzer wohl mehr verwirren wird als Samsung Nutzer.

Die inneren Werte

Die Oberfläche vermittelt auch an anderen Stellen ein wenig “Beta-feeling”. Hier und da taucht bei deutscher Spracheinstellung immer mal wieder ein Menüpunkt in englischer Sprache auf. So kann man das Gerät zwar “Ausschalten” aber auch einen “Restart” herbeiführen. Der Bereich “Klangverstärkung” ist fälschlicherweise mit “Klangverstörung” benannt. Die Kopfhörer-Klangverstärkung nennt sich dann auch noch “BesAudEnh”. Alles klar?!

Klangverstörung  - BesAudEnh

Die Kamera-App zeigt bei jedem Start aufs neue, wie man die Optionen verändert. Für Android-Einsteiger kann das noch ganz sinnvoll sein, bei längerer Nutzung jedoch dürfte dieses Feature eher lästig sein. Die Kamera selbst löst auch noch mit ziemlicher Verzögerung aus, da ist man heute Besseres gewohnt.

Fairphone-camera
Fairphone Kamera (cc) Quelle: Faiphone

Mit Jelly Bean erhielten die Schnelleinstellungen Einzug in Android, die durch herunterziehen der Statusleiste erreicht werden können. Durch gedrückthalten der WLAN oder Bluetooth Schaltflächen schaltet man die jeweilige Funktion ein und durch kurzes Tippen erhält man Zugriff auf die verfügbaren Funknetze bzw. Bluetooth-Geräte. Nicht so beim Fairphone. Das sonst über langes gedrückt halten erreichbare Verhalten wurde auf den kurzes berühren gelegt. Einen Zugriff auf verfügbare Netze oder Geräte gibt es nicht, hier muss der Umweg über die Einstellungen gewählt werden.

Der Launcher

Das Fairphone kommt mit dem “Fairphone OS” genannten Launcher. Im Gegensatz zu so ziemlich allen anderen Herstellern gibt es auf dem Homescreen keine Dockleiste um direkten Zugriff auf die wichtigsten Apps und den App-Drawer zu erhalten. Beim Fairphone erreicht man per Wischgeste vom Bildschirmrand aus ein Menü, das eben jene Dockleiste ersetzen soll. Zum Beispiel die Telefon-App startet man also nicht etwa durch einen einfachen Klick auf einen Telefonhörer in der Dockleiste, sondern durch Wischen vom Rand, Bewegung des Fingers auf den Telefonhörer und schlussendlich das Lösen des Fingers vom Display. Leider öffnet man dieses Menü oft auch aus versehen, wenn man zum Beispiel im App-Drawer eine Seite weiter blättern möchte und dabei etwas zu nah an den Displayrand kommt. So richtig zu Ende gedacht wirkt diese Herangehensweise nicht. Richtig unfertig wirkt der Launcher allerdings dadurch, dass er immer wieder abstürzt.

Fairphone Dockleiste
Fairphone Dockleiste

Für die Eingabe kommt die AOSP Tastatur zum Einsatz. In dieser Ausführung beherrscht diese leider keine Wischeingabe, wie man sie zum Beispiel von Swype, SwiftKey oder der Google Tastatur gewohnt ist.

Sowohl Launcher als auch Tastatur wird man also schnell durch andere Apps ersetzen wollen, auch wird man mehr Apps benötigen, da das Fairphone von Haus aus nur Telefonieren, SMS, Surfen, E-Mail Zugriff, Radio/MP3 hören und eine ganz einfache Notizzettel-App mitbringt. Da das Fairphone nicht nur ohne Google Apps und somit ohne Play Store ausgeliefert wird, sondern auch bar jeglicher Alternative, muss man sich also zunächst einen Store beschaffen.

Google Dienste

Ob man Google Dienste nun nutzen, oder lieber seine Privatsphäre wahren möchte, ist eine ganz individuelle Entscheidung. Android ist mittlerweile ziemlich um die Google Dienste herumgebaut, das gefällt nicht jedem, da der Google-Apps-Installer in Form eines Widgets aber direkt auf dem Homescreen liegt und gerade zu zum Draufklicken auffordert, soll es also der Play Store werden.

Dummerweise ist das Widget der Auffassung, die Google Apps seien bereits installiert. Ein Irrtum, der sich zunächst nur durch einen Factory Reset des Geräts beheben lässt. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine Einstellungen vorgenommen oder Daten auf dem Gerät gespeichert wurden, fällt dieser Schritt allerdings nicht schwer.

Bei den ersten Versuchen die Google-Apps zu installieren, wird der Download einfach wieder beendet, leider ohne auch nur ein Wort über die Ursache zu verlieren. Erst nachdem das Gerät aus dem restriktiven Firmen WLAN, über Tethering meines Nexus 4 ungefilterten Internetzugang erhält, funktioniert der Download. Nach dem Download des Archivs erklärt das Widget, dass im folgenden Schritt ROOT-Zugriff auf das Telefon erforderlich sei und dass man entsprechend im nachfolgenden Dialog bitte seine Zustimmung geben solle. Na das gefällt! Direkter root-Zugriff ab Werk mit einer integrierten Superuser-Verwaltung. Da habe ich in der Vergangenheit schon ganz andere Hürden nehmen müssen. Bestätigt man also die SU-Anfrage, wird das Telefon neugestartet, damit die Google-Apps ins System geflashed werden können. Später wird sich zeigen, warum das nicht so clever gelöst ist.

Nicht alle, sondern nur die wirklich essentiellen Apps, wie Play Store und Google Dienste werden direkt installiert. GMail, Google Services, Google+, Google-Suche und Google-Sound Search werden anschließend über den Play Store installiert. Hierbei tritt allerdings ein Fehler auf, sodass die Installation dieser Apps nochmals per Hand ausgeführt werden muss. Dabei fällt auf, dass das Touchdisplay nicht sonderlich gut anspricht, es bedarf schon etwas Geduld und Fingerspitzengefühl um manche Schaltfläche zu treffen. Das ist der Bauweise des Displays geschuldet, bei der Glasabdeckung und Display nicht miteinander verklebt sind. Klarer Vorteil: Rakt man das Gerät vom Tisch, kann man (theoretisch) nur den Glasdeckel tauschen. Das unter solchen Extrembedingungen oft auch andere Komponenten wie Kamera oder GPS-Modul den Geist aufgeben, steht auf einem anderen Blatt.

Dass während der Installation weiterer Apps das Telefon einfach mal unmotiviert neustartet, vermittelt auch nicht gerade das Gefühl, ein ausgereiftes Produkt erworben zu haben. Leider bestätigen auch andere Fairphone-Nutzer, dass Abstürze und schlecht reagierendes Touchdisplay keineswegs auf die berühmte Montagsproduktion zurückzuführen sind.

Das Fairphone als Entwickler-Gerät

Zuvor wurde hier die nicht ganz ernst gemeinte Aussage getätigt, das Fairphone sei “das richtige” Gerät zum Testen. Hier muss man natürlich etwas differenzieren. “Das richtige” Entwicklungsgerät gibt es eigentlich nicht. Prinzipiell ist das Vorgehen bei der Entwicklung von Android-Apps auf allen Geräten identisch. Zumindest muss die Hardware des Geräts die Mindestanforderungen erfüllen, die die jeweilige App voraussetzt. Darüber hinaus ist es sinnvoll, ein Gerät zu wählen, das eine hohe Verbreitung hat. Wegen der vielfältigen Anpassungen, die Gerätehersteller Android überstülpen, kann aber nur so am ehesten sichergestellt werden, dass die App später bei möglichst vielen Benutzern fehlerfrei funktioniert. Andererseits hilft es auch, ein Testgerät mit der jüngsten Android Version zu verwenden, damit auch die Darstellung des UI zu möglichen, neuen Elementen eine hohe Kompatibilität aufweist. Sofern die Anforderung nicht zwingend zwei SIM-Module erfordert, ist das Fairphone also eher kein geeigneter Kandidat, kann es doch weder in Sachen Verbreitung mit einem Samsung der Galaxy Serie, oder mit der Aktualität eines Nexus mithalten. Sich bei der Entwicklung nur ein Gerät und den Emulator zu verlassen, ist aber ohnehin keine besonders gute Idee.

Da das Fairphone ein wenig die Runde machen soll, ist es nach dem Herumspielen an der Zeit, das Gerät wieder auf Werkseinstellungen zurückzusetzen. Dabei rächt sich, dass Google-Apps ins System geflashed werden, nach dem Neustart möchte das Gerät jetzt wieder mit einem Google-Konto verknüpft werden. Das Installieren der Google-Apps ist also – zumindest mit Bordmitteln – irreversibel.

Fazit zum Fairphone als Entwicklungsgerät

Der Gesamteindruck ist bei genauem hinsehen eher mäßig. Das Argument “dafür aber fair(er) produziert” könnte sich als Bärendienst erweisen, vermittelt es bei täglicher Benutzung doch den Eindruck, dass “fair” gleichzeitig auch “altbacken” und “unfertig” bedeutet. Technikenthusiasten vermissen liebgewonnene Features wie NFC und Qi, schwer zu vermitteln ist auch, warum man statt einem wirklich aktuellen Android auf eigene Anpassungen gesetzt hat, die gefeierte Jelly Bean-Neuerungen wie die Quicksettings einschränken. Android-Neulinge werden mit der Installation der Google Apps ihre liebe Not haben. Wie sinnvoll es ist Einsteigern root-Rechte in die Hand zu geben, ist auch fraglich, denn schon Onkel Ben Parker wusste, „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“. Allerdings werden solche Nutzer wohl ohnehin eher zu einem mehr oder weniger Provider-subventionierten “1-Euro-Android” greifen.

Fairphone Quicksettings
Fairphone Quicksettings

 

Anmerkung des comspace Blogteams:

  • Dieser Test bezieht sich auf die Fairphone OS Version 1.0 „Almond“. Zwischenzeitlich ist Version 1.1 „Caju“ erschienen, auf  die wir in einem weiteren Beitrag eingehen werden.
  • Einen Blick in die Fairphone Produktion wurde bei heise.de als Video veröffentlicht
  • Dieser kritische Artikel bei macmark.de wie fair das Fairphone tatsächlich ist, wurde in der offiziellen Community von Fairphone Mitarbeitern kommentiert.
  • Die ersten 25.000 Einheiten des Gerätes sind mittlerweile ausverkauft. Sein wir gespannt ob und wann es eine weitere Auflage geben wird:

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Unser Fairphone ist da!

Gestern drückte mir unser Chef mit den Worten „Schau mal rein!“ einen hübschen, handlichen Pappkarton in die Hand. Ich klappe die Verpackung in Erwartung einer verspäteten Weihnachtsschokolade auf und mich lacht ein Fairphone  an.

„Danke! Das wäre aber echt nicht nötig gewesen! ;)“ ist das einzige was mir einfällt. „Gerne. Ist aber auch kein Geschenk, sondern unser Fairphone Testgerät. Ich dachte mir, wenn wir schon ein aktuelles Android-Gerät anschaffen, um Entwicklungen darauf zu testen, dann doch auch richtig.“

Fairphone

Ersteindruck zum Fairphone

Und so kann ich heute mal ein wenig mit einem der ersten von insgesamt 11.000 Fairphones herumspielen, die Anfang des Jahres ausgeliefert wurden. Das Fairphone ist ein Smartphone auf Androidbasis (die Anpassungen an das Betriebssystem stammen von den portugiesischen Entwicklern Kwamecorp). Entwickelt von einem holländischen Team mit nichtmal 20 Mitarbeitern. Im Rahmen eines Crowdfunding-Projektes wurden  25.000 Bestellungen für das Fairphone vorab eingesammelt und bezahlt, bevor die Produktion losging.

Das erste was auffällt: Im Karton aus recycelter Pappe liegt nichts überflüssiges. Auf Headset und Netzteil haben die Macher verzichtet, da diese Zubehörartikel bei vielen Kunden bereits zur Genüge vorhanden sind. Dank dem Standard microUSB-Anschluss reicht also ein Griff in die randvolle Kabelschublade und das Fairphone lädt zum ersten Mal.

Fairphone-ohne-Netzteil

Praktisches Feature sowohl zum Testen als auch für den internationalen Einsatz ist der doppelte SIM-Karten-Slot. Das Telefon lässt sich also mit 2 Karten betreiben.

Social Content Marketing im Karton

ich gehöre nicht unbedingt zu den Menschen, die Handbücher oder Beipackzettel lesen. Beim Fairphone mache ich da eine Ausnahme: Die beigelegten Postkarten erklären nicht nur technische Features wie Dual-SIM und das fehlende Netzteil, sondern geben Anregung einen Urban Mining Workshop zu starten, stellen einen Chip im Innern des Fairphones vor, der Tantalum enthält, das aus dem Coltan-Erz gewonnen wird, das wiederum in den kongolesischen Minen Mai Baridi, Kisengo und Luba gefördert wird.

Fiarphone-Chip-Herkunft

Kochrezept zum Produkt.

Das Fairphone wird vom Fertigungspartner Chanhong im chinesischen Chongqing zusammen gebaut. Auf einer der beiligenden Karten wird die Gegend des Produktionsstandortes für die besten Diskos Chinas und seine scharfe Küche gelobt. Damit man das als Kunde auch etwas davon nachvollziehen kann, wird auf der Karte ein Kochrezept für einen scharfen Eintopf mitgeliefert 🙂 Schöne Idee. Globalisierung mal anders.

Fairphone-Kochrezept

Hoffentlich macht das Beispiel Schule. So bringt man als Hersteller dem Kunden nicht nur das reine Produkt näher, sondern auch was dahinter steht. Mich erinnert das ganze ein wenig an die Edelsparte AMG von Mercedes-Benz, wo jeder Motor persönlich von nur einem Mitarbeiter zusammen gebaut und signiert wird.

Das Storytelling wird sogar im Produkt weitergeführt

Selbst der Akku stellt sich persönlich vor und die schwere Aluminium-Rückenabdeckung hat eine Geschichte zu erzählen. Ein Produkt an dem es so viele liebevolle Details zu entdecken gibt macht einfach Spaß:

Fairphone-Akku-Abdeckung

 

Das Fairphone ist fast 1cm dick und 163g schwer

Das erste In-die-Hand-nehmen offenbart das fast einen Zentimeter dicke Gehäuse, das mit recht schweren 163 Gramm erstaunlich gut in der Hand liegt und sich sehr hochwertig und stabil anfühlt. „Rocksolid“ wie der Amerikaner sagen würde. Ich fühle mich spontan an mein gutes, altes Nokia 7650 erinnert, nur ohne die Aufschiebe-Funktion natürlich. Im Zweifelsfall kann man das Fairphone sicherlich auch zur Selbstverteidigung einsetzen 😉 Aber Spaß bei Seite: Die Haptik hinterlässt einen durch und durch positiven Eindruck.

Fairphone-Seite
Man könnte das Fairphone auch den Orca-Wal unter den Smartphones nennen 😉

Die Dicke des Gehäuses ist der Idee geschuldet ein Gerät zu bauen, das möglichst gut zu reparieren ist. Die Glasscheibe des japanischen Herstellers Asahi und das Display sind nicht verklebt. Im Falle eines Schadens muss also nur eine Glasscheibe und nicht ein elektronisches Bauteil ausgetauscht werden. Nachhaltig und preiswerter.

Was kann das Fairphone?

Für 325,- EUR bekommt man ein vor allem gutes Gewissen:
Die Rohstoffe für das Gerät – wie z.B. Lötzinn aus Indonesien oder Kobalt aus Sambia und der DR Kongo stammen aus konfliktfreien Minen. Ein Teil des Kaufpreises fließt in soziale Maßnahmen im Produktions-Ablauf, Rohstoffbeschaffung und Recycling. Man sendet das klare Signal an andere Hersteller: Kümmert Euch um bessere Arbeitsbedingungen und Umweltschutz. Wir sind bereit dafür mehr zu bezahlen. Fairphone ist ein „Social Business“ und arbeitet an den Produktionsstandorten bsw, mt Solutions for hope zusammen, lässt die Arbeiterrechtsorganisation TAOS die Fertigung überwachen, Profit ist kein Unternehmensziel, die erzielten Gewinne werden investiert um die Arbeitsbedingungen beim Abbau der benötigten Rohstoffe zu verbessern.

Positiver Augenöffner 

Das Fairphone ist ein politisches Produkt, das uns auf positive Weise – dadurch was in der Produktion richtig gemacht wird – vorführt, was in der konventionellen Elektronik-Industrie im Argen liegt und wie es anders gehen kann.

Eine Aussage dazu hat „Der Westen“ erhalten, die einen Einblick in die Arbeitsbedingungen gibt:

Der Arbeitstag in der Produktionslinie der Fairphones soll kürzer sein als in den Konzern-Fabriken. „Die Arbeitszeit wird 60 Stunden pro Woche nicht übersteigen“, so Wernink, „und nach sechs Arbeitstagen haben die Beschäftigten mindestens einen Tag frei.“ Allerdings räumt sie ein: „Die Arbeitszeit auf das legale Maß von 49 Stunden zu reduzieren, ist gegenwärtig unrealistisch.“ Mehr als 49 Stunden pro Woche erlaubt das chinesische Arbeitsgesetz eigentlich nur in Ausnahmefällen. Aber viele Fabriken halten sich nicht an diese Regel.

Wie fair sind die neuen Fairphones wirklich? | WAZ.de – Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/panorama/wie-fair-sind-die-neuen-fairphones-wirklich-id8840371.html#plx722693417

Die Produktentwicklung und Produktion werden im Blog des Unternehmens offen gelegt und zeigt, dass nicht nur Weltkonzerne – sondern auch ein kleines Team ein Smartphone entwickeln und produzieren kann.

Auf dem Telefon ist mit „Peace of Mind“ sogar eine Anwendung vorinstalliert, die dazu animiert das Produkt weniger zu benutzen:

Fairphone-Piece-of-Mind-App

Dabei sind 25.000 Einheiten bei insgesamt 1 Millarde jährlich produzierter Smartphones die unterste Grenze des Machbaren, wie die ZEIT in ihrem Artikel zum Fairphone berichtet. Ich habe keinen Vergleichswert finden können, vermute aber, dass bei einer deutlich höheren Produktion im 6-stelligen Bereich der Preis massiv sinken dürfte.

22 Euro des Kaufpreises kommen der Nachhaltigkeit zu Gute, die gesamte Kostenverteilung wird transparent aufgeschlüsselt:

Infografik zur Kostenverteilung beim Fairphone
Kosten-„fair“-teilung beim Fairphone. So sieht Transparenz aus!

Fairphone Fazit

Für diesen Preis gibt es definitiv bessere Smartphones. Ein Beispiel: Die Kamera unseres Modells hat ebenfalls den leichten Rotstich, der auch im Testmodell bei heise bemerkt wurde. Gefühlt liegt die Kameraqualität in etwa im Bereich meines 3 Jahre alten HTC Sensation. In Benchmark-Tests liegt das Fairphone in etwa um Faktor 4 hinter dem Google Nexus 4 zurück, wie golem.de heraus gefunden hat.

Darüber lässt sich bei diesem Gadget gewordenen Statement aber durchaus hinweg sehen. Ich denke das Fairphone ist ein richtungsweisendes Signal an die Industrie, dass es durchaus Kunden gibt, denen nicht nur technische Daten, Inovationen und pure Leistung wichtig sind.

Den selbstauferlegten Bildungs-Auftrag, über die Herkunft und Herstellung eines so komplexen Produktes zu informieren hat Fairphone in meinen Augen jedenfalls erfüllt.

Wieviel tatsächlich noch zu tun ist, bis sich Elektronik-Produkte wirklich als fair bezeichnen dürfen, zeigt der deutlich kritischere und hervorragend detaillierte Artikel des Blogs faire-computer. Dort bin ich auch auf die Faire Computermaus von Nager-IT gestoßen.

Ich bin gespannt, was unsere Entwickler vom Fairphone halten werden und ob sich „unter der Haube“ noch weitere Besonderheiten feststellen lassen.