Das Projektmagazin hat im Zuge einer Blogparade die folgenden Fragen gestellt:
1. Ist ein guter Projektleiter mit jeder Methode erfolgreich?
und
2. Was glauben Sie, was ein Projektleiter in erster Linie braucht, um komplexe Projekte im Griff zu behalten?
Mit unserer Teilnahme an der Blogparade wollen wir der Frage auf den Grund gehen, was wichtiger ist: Die Projektmanagement-Methode oder die Persönlichkeit des Projektleiters, aber auch ganz praktische Erfahrungen aus dem Projektleiter-Alltag erfragen.
Projekt-Management stellt bei comspace einen großen Bestandteil des Tagesgeschäfts dar. Darum haben wir unsere Mitarbeiter_innen gebeten, die beiden Fragen von Projektmagazin und 3 weitere, die wir uns selbst gestellt haben, zu beantworten. Hier habe ich die Antworten von Tatev und Tilmann einmal zusammen gefasst:
1. Was war die wertvollste und lehrreichste Erfahrung (positiv oder negativ), die Du in Deiner Projektmanagement Karriere gemacht hast und warum?
Tatev:
Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass der Spruch “Sage mir wie dein Projekt startet und ich sage dir, wie es zu Ende geht” wirklich Wahrheitsgehalt hat. Leider passiert es immer wieder, dass Anforderungen zu Beginn des Projektes rein kommen, die sehr ungenau sind und somit einen labilen Grundstein fürs Projekt legen, wie z. B. “macht das, wie der Wettbewerber es hat.”
Eine besonders positive Erfahrung hatten wir in einem agilen Projekt, in dem wir als eine der unzählig vielen Dienstleistern tätig waren. Da wir nie in den Scrum Plannings dabei waren, konnten wir oft das Big Picture nicht erkennen und wussten im Team nicht, was am Ende des Sprints wirklich als Ergebnis rauskommen sollte. Nach mehrmaligem Insistieren wurden wir endlich durch Telefonkonferenz in die Plannings eingebunden und konnten ab dann eine enorme Effizienz im Team, sowie eine immer besser laufende Zusammenarbeit mit dem Kunden feststellen!
Tilmann:
Wertvoll und lehrreich? Im Projekt ist nur das “Wir” erfolgreich. Ist ein Projekt erst einmal in einer Situation bei der es darum geht seine Position zu schützen, nur seine “Munitionskisten” für die Eskalationen zu füllen ist das Projekt quasi gescheitert.
Positiv war die Erfahrung, dass ich von anderen Projektleitern gelernt habe, immer Erledigungstermine an Arbeitspakete zu schreiben. Selbst wenn die Termine nicht gehalten werden konnten, ist eine Aufgabe ohne einen Termin nicht ausreichend definiert. Ein “das wird schon” hilft nicht.
2. Mit welcher Projektmanagement-Methode hast Du die besten Erfahrungen gemacht und warum?
Tatev:
Je nach Projektkategorie und -Größe sollte die Auswahl der Methoden und Tools natürlich maßgeschneidert sein. Ich persönlich halte die Methode der Projektstrukturierung (PSP) für das wichtigste Planungsinstrument des Projektleiters. Darüber hinaus gehe ich vom Minimalen aus: ein Terminplan und ein Kostenplan inkl. die Ressourcenplanung reicht meistens aus, einen guten Überblick zu behalten und das Projekt zu tracken.
Tilmann:
Ich denke eher in Werkzeugen oder Instrumenten beim Projektmanagement. Dazu gehören eben vor allem die Strukturpläne und deren Fortschreibung im Projekt. Da ich nach IPMA im Level D zertifiziert bin, finde ich den Ansatz aber auch gut, dass es neben den Werkzeugen auch um den ganzheitlichen Blick auf das Projekt geht.
3. Ist ein guter Projektleiter mit jeder Methode erfolgreich? bzw. Was ist wichtiger: Die Projektmanagement-Methode oder die Persönlichkeit des Projektleiters?
Tatev:
Einen guten Projektleiter macht seine Persönlichkeit sowie seine strukturierte Arbeitsweise aus. Daher glaube ich, dass ein guter Projektleiter auch die für ihn adäquaten Methoden für sich herausfindet und aktiv anwendet.
Grundsätzlich sollte sich aber keine Projektleitung hinter einem System bzw. Tool verstecken. Denn Projektleitung ist in erster Linie lebendige und persönliche Kommunikation mit allen Stakeholdern!
Tilmann:
Sowohl als auch. Ich glaube nicht jeder kommt mit jeder Methode zurecht und nicht jede Methode passt ins Projekt. Daher ist ja das ganze Projektumfeld so wichtig
Was glaubst Du, was ein Projektleiter in erster Linie braucht, um komplexe Projekte im Griff zu behalten?
Tatev:
Strukturierte Denkweise; Die Fähigkeit, das Team zu motivieren und eine offene Vertrauenskultur im Team zu schaffen, um rechtzeitig ehrliche Rückmeldungen zu Meilensteinen, Problemen und gebuchten Zeiten zu erhalten.
Gute Kommunikations-Skills sowie eine Macher- / Treiber-Mentalität und Dynamik.
Tilmann:
Durchblick und Organisationsvermögen. Außerdem ist es eben wichtig, sich immer Gedanken darüber zu machen, wie der tatsächliche Fertigstellungsgrad ist in einem Arbeitspaket. Hier herrscht aus verschiedenen Gründen der Hang zu Verschleiern und zu Ungenauigkeiten.
Ich glaube auch, dass es ganz wichtig zu Beginn des Projektes ist, festzulegen wie die Fertigstellungsgrade gemessen werden. Eine Meilensteinplanung und die Meilensteintrendanalyse geben mir da zu wenig Infos über Steuerungsmöglichkeiten.
Welchen praktischen Tipp würdest Du jemandem geben, der neu mit dem Aufgabenfeld Projektmanagement in Berührung kommt?
Tatev:
Die Betroffenen zu Beteiligten machen! Es ist unglaublich, wie viel schief laufen kann, wenn man in einem komplexen Projekt nicht alle Dienstleister an einen Tisch zusammenbringt und miteinander direkt kommunizieren lässt. Dazu gehört auch alle wichtigen Stakeholder rechtzeitig zu informieren, abzuholen und in das Projekt-Geschehen zu integrieren. Manchmal auch nach dem Prinzip “Tue Gutes und rede darüber”.
Tilmann:
Einen Satz aus den Seminaren zur Vorbereitung der Zertifizierung klingt mir immer noch nach: „Sage mir wie dein Projekt anfängt und ich sage dir, wie es endet.“ Ich glaube die Anfangsphase eines Projektes wird immer unterschätzt. Leider. Die richtigen Weichen stellen und lieber etwas mehr Zeit in das Projekt-Design investieren und tatsächlich eine Stakeholder-Analyse fahren und Ziele genau definieren sind gut investierte Aufwände. Eine festgefahrenen Projektsituation läßt sich nicht so einfach retten. Aber natürlich braucht es das Standing von Neulingen gerade wenn man so in das Projektmanagement reinwächst.
Und ganz wichtig ist: Hört zu. Denn nur wer zuhört erkennt alle Erfolgsfaktoren für das Projekt.
Vielen Dank an Tatev und Tilmann für die Einblicke in ihre Erfahrung und Know-how als Projektleiter.