Kennen Sie die typische Networking-Geste des gemeinen Ostwestfalen? Nun, er kommt an einen vollbesetzten Tisch, blickt in die Runde, sagt: „Ich mach dann mal so, ne?“ und klopft auf den Tisch. Das besondere an dieser Geste ist ihre universelle Einsetzbarkeit: Zur Begrüßung, zur Verabschiedung oder auch nur zur Ankündigung des kurzen Abstechers an die Theke.
Mittwoch fand die dritte Auflage des Online Stammtisch OWL mit über 120 Teilnehmern im Lenkwerk Bielefeld statt. Sinn der Veranstaltung? Netzwerken und austauschen. Früher fand sowas am frühen Nachmittag bei Mettbrötchen und restwarmem Kaffee in altehrwürdigen Handelskammerräumen statt. Die Zeiten ändern sich 🙂 Heute wird mal eben das Lenkwerk in Bielefeld geentert und zwischen Oldtimern geschnackt.
Als Anstoß spannender Gespräche über das Web und seine Auswirkungen auf unser aller Leben und Arbeiten hielt Mathias Richel vom D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt aus Berlin seinen Impulsvortrag „Warum das Netz eine Lobby braucht“ und kriegte trotz ausgefallenem Mikro die unterschiedlichsten Fragen in die Köpfe der Gäste:
Wie werden wir in Zukunft vernetzt durch das Web arbeiten? Was wird sich in unserem Zusammenleben ändern? Welche Chancen bieten Technologien wie Videokonferenzen und soziale Netze für Bildung und sogar unsere Demokratie?
In einem kurzen Gespräch mit Mathias vor seinem Talk zeigte er sich begeistert und überrascht, wie gut besucht der OSO war. Und noch überraschter darüber, dass die Gäste sogar bereit waren, für eine solche Veranstaltung Eintritt zu bezahlen. In Berlin als eines der europäischen Zentren der Web-Avantgarde finden Events dieser Art mittlerweile quasi täglich statt quartärlich statt und dementsprechend groß ist dort die Auswahl.
Eine noch höhere Frequenz von Veranstaltungen dieser Art hatte ich bisher nur in San Francisco erlebt. Genauso wie bei der Eventdichte an sich legen die Amis aber auch nochmal bei der Gesprächsfrequenz eine Schippe drauf: Berlin ist in Sachen Locker- und Offenheit sicherlich schon eine Steigerung zu Bielefeld. Im Silicon Valley und San Francisco haben mich Tempo und Leichtigkeit, mit der auf Parties innerhalb von 5 Minuten das eigene Projekt oder Start-Up ins Gespräch gebracht wird, wirklich völlig begeistert. Mit viel Spass und Professionalität klopfen die Gäste da gegenseitig ab, ob und wie man sich gegenseitig unterstützen kann. Und wenn es mal den gemeinsamen Nenner nicht geben sollte, empfiehlt man sich weitere Gesprächspartner, die interessant sein könnten und zieht nach kurzem Smalltalk weiter zum nächsten Schnack. Ganz unkompliziert. Bereits nach meiner ersten Networking-Party in der Bay Area hatte ich nach 2 Stunden mehr Visitenkarten in der Tasche, als nach manchem Messetag in .de.
Wer hätte gedacht, dass die Jungs vom Online Stammtisch eine solche Atmosphäre bei uns zu Hause schaffen könnten? Zugegeben, sie haben sich dafür eines verdammt cleveren Tricks bedient:
Speed-Networking
Vom Prinzip her greift die gleiche Mechanik wie beim Speed-Dating: Zwei Reihen sitzen sich gegenüber. Für 3 Minuten kann man sich mit der Person, die einem gerade gegenüber sitzt über aktuelle Projekte, den Arbeitgeber oder was auch immer unterhalten. Exakt bis zum Bimmeln der Glocke, die die abgelaufene Redezeit markiert. Dann noch eben Visitenkarten austauschen und schon rückt man einen Platz weiter zum nächsten Gesprächspartner. Leider habe ich beim OSO erst die letzte Runde mitmachen können, sonst hätte ich noch deutlich mehr interessante Menschen kennen gelernt. Von einer Verantwortlichen für neue Medien in DEM Bielefelder Traditionsunternehmen schlechthin, über einen Gründer des Paderborner Cloud-Start-Up maxcluster, eine IT-Sicherheits-Auditorin einer der angesehensten Wirschaftsprüfer und einen Kollegen von White-Label-Dating (hier kann man sich seine eigene Dating- bzw. Vernetzungsplattform aufbauen) war alles mit dabei.
Ein tolles Gespräch jagte das andere. Als Ergebnis werde ich mich demnächst ebenso in eine Bielefelder Kletterwand schwingen, wie Mitglied im Zentrum für digitalen Fortschritt werden. Außerdem habe ich viel über zukünftige Konzepte von Arbeit, Arbeitszeit und wie wir ihren Ergebniserfolg bemessen gelernt, ohne dass Menschen 8 Stunden an einem festen Ort sein müssen.
Auf dem Heimweg, den ich deutlich später als geplant antrat 😉 hatte ich einiges an guten Projektideen und spannenden Gedanken zu verarbeiten. Der OSO war ein voller Erfolg und hoffentlich gibt es solche exzellenten Veranstaltungen deutlich öfter bei uns in in Bielefeld.
Nu muss ich aber auch mal… Ich mach dann mal so, ne? *klopf* *klopf* *klopf*
Besten Dank an die Neue Westfälische für den tollen Bericht hier – mit 64 Fotos und natürlich an die Organisatoren Christian Voss, der den OSO in Bielefeld veranstaltet und René Kühn Initiator des Online Stammtisch Deutschland.
Wir freuen uns auf den nächsten OSO im Frühsommer.