Twitter dreht sich – hoffentlich nicht im Kreis

Seit Twitter angekündigt hat, seinen Dienst und den Zugang dazu eventuell zu verändern, gehen einige interessante Diskussionen zur Zukunft des ehemaligen Social Media Wunderkindes los.

Es geht um folgende Änderungen, über die Twitter nachdenkt (danke an die sueddeutsche fürs Zusammenfassen):

Ausblenden von Beiträgen aus Twitter-Accounts mit wenig Followern oder ohne Profil-Bild oder -Beschreibung

Klingt für mich erst einmal sinnvoll, da so Spam verhindert wird.

Aber:
Auf der anderen Seite werden natürlich neuen Nutzern die Chancen genommen, ihre Tweets an die Follower zu bringen.

Mehr Informationen wie Bilder, Videos und Lang-Texte einblenden

Als Twitter startete, war es ein mehr als puristischer Dienst. 140 Zeichen. Sonst nix. Keine Replies, keine Hashtags, keine Direct Messages. Geschweige denn gekürzte Links oder eingebundene Bilder oder Videos.

Alle diese Zusatzfunktionen wurden von der Community „eingeführt“. Ein Antwort-Tweet – also Reply – wurde zunächst von den Nutzern einfach nur in den Text geschrieben. Also wurde ein @vor den Namen desjenigen gesetzt, den man ansprach. Zum besseren Verständnis. Das war man aus anderen Internetdiensten wie IRC-Chats, Foren oder ICQ eben so gewohnt.

Erst als sich diese Vorgehensweise mehr und mehr verbreitete, programmierte man bei Twitter nachträglich die Funktion, dass ein @NUTZERNAME automatisch mit twitter.com/NUTZERNAME verlinkt und der angesprochene Nutzer benachrichtigt wird.

Anbindung an andere Dienste durch APIs sollen unterbunden werden

Das Business-Netzwerk LinkedIn hat es schon erwischt. Ihm wurde die Twitter-API – also die Schnittstelle, mit der Funktionen wie das Importieren von oder Heraussenden an Twitter realisiert werden konnten – gekappt.

Die Entscheidung kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Schließlich ist doch gerade die breite Streuung von Twitter in andere Tools und Netzwerke mit für seinen Erfolg verantwortlich. Link-Verkürzungsdienste wie bit.ly, Bilderdienste wie Twitpic oder Instagram oder Magazin-Aggregatoren wie paper.li nutzen Twitter-APIs, um mit dem blauen Vögelchen zusammen zu arbeiten.

Die Nutzer-Erfahrung soll konsistent werden

Deswegen könnten Apps und Webanwendungen von Drittanbietern sowie eben das Einbinden von Tweets z.B. in den Status-Stream bei LinkedIn zukünftig unterbunden werden.

Ob dahinter wirklich die bessere Nutzer-Erfahrung steckt oder die einfache Tatsache, dass Twitter keine Werbung in die Dritt-Anwendungen schicken kann, lassen wir mal dahingestellt.

Ich bezweifle mal ganz stark, dass Twitter-Power-User (und das sind die, die Ihre Tweets in andere Netzwerke und Dienste übertragen) tatsächlich auf Werbung klicken. Vielmehr könnte Twitter die Auslieferung von Tweets an Netzwerke wie LinkedIn doch stärker nutzen, um von dort aus Besucher oder sogar neue Nutzeranmeldungen auf Twitter zu kanalisieren.

Twitter != Yammer != Facebook

Wie ich hier schon einige Male erwähnt habe, nutzen wir momentan in einer Testphase das gerade von Microsoft akquirierte yammer zur internen Kommunikation und Microblogging.

Als ich vor knapp 4 Jahren das erste Mal mit yammer in Berührung kam, war es ein Twitter für geschlossene Firmen-Netze.

Heute hat sich yammer zu einem geschlossenen Facebook für als Firmen-Kollegen-Netzwerk entwickelt.

Diese Weiterentwicklung machte für yammer auch Sinn. Da ein Firmen-Facebook mehr Möglichkeiten bietet als ein Firmen-Twitter.

Aber macht es für Twitter Sinn, sich zu einem zweiten Facebook weiter zu entwickeln? Ich denke mal, ein Facebook sollte uns allen reichen 😉 Ob sich Twitter deswegen nun gleich zum Walled Garden

Ein paar Vorschläge an Twitter

Nico Lumma hatte Twitter vor fast genau einem Jahr bereits 5 Verbesserungs-Vorschläge gemacht und heute eine exzellente Einschätzung zu den neuen Entwicklungen bei Twitter geliefert. Die mMn wichtigste Möglichkeit, mit der Twitter sich wieder richtig nach vorne katapultieren könnte, habe ich fast überlesen:

die Content-Discovery ist auch wenig inspirierend

  • DAS ist doch das besondere an Twitter. Dort kann man Content entdecken. Kurz, knapp und fix. Mit wenigen Klicks vertiefen. Dafür eine spannende Mechanik zu entwicklen wäre spannend. Plus eine gut nachvollziehbare Diskussions-Möglichkeit zu „heißen“ Themen und dann läuft es doch wieder.

Und sonst habe ich nur noch einige Kleinigkeiten zu ergänzen:

  • Macht die neuen Features optional ZU-schaltbar. Neue Nutzer bekommen das gewohnt puristische Twitter zu sehen und können es sich beliebig stark erweitern. So wird niemand überfordert.
  • Fragt Eure Nutzer, welche Funktionen sie sich wünschen. Das war schon immer die Twitter Stärke – Nutzer-Verhalten in Features umzuwandeln. Lasst Euch mit @twitterfeatures Vorschläge machen und per Retweet darüber voten.
  • Achtet wieder mehr darauf, was Eure User selbstständig an Funktionen oder Kommunikations-Kniffen erfinden und bindet diese im Sinne Eurer Nutzer ein.

Denn:
Zufriedene User ziehen auch zufriedene Werbekunden an.
Und sonst?
Gibt es ja immer noch Google+ 😉

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