Wen fragen wir um Rat, wenn wir schon wieder vergessen haben, wie nochmal diese eine Funktion in MS Word aufzurufen ist? Wen bittet man um Feedback, wenn man das Gefühl hat etwas läuft derzeit nicht ganz rund? Von wem nehmen wir Hinweise, Tipps und tatsächlich auch einmal Kritik an?
Schon unsere Alltagserfahrung zeigt: Wir teilen unser Wissen vollkommen intrinsisch – also aus rein innerem Antrieb – gerne mit jenen Menschen, denen wir trauen. Und von ihnen nehmen wir auch Wissen an, ja fragen sie danach. Genau dieses Geben und Nehmen ist im Kern das, was wir Wissenstransfer nennen.
Die Bedeutung von Vertrauen kann gar nicht überschätzt werden. Ohne Vertrauen würden sich Kinder eher schwer zu Erwachsenen entwickeln – sie vertrauen darauf, dass Eltern sie auffangen beim Laufen lernen, beim Leben lernen. Kinder vertrauen, dass sie von Eltern das richtige Lernen und sie lernen von ihnen ohne es zu hinterfragen.
Wir reden so leichthin davon. Aber was ist Vertrauen eigentlich? Gerade dann wenn wir Vertrauen nicht nur zwischen Personen beschreiben, sondern in Organisationen oder in der Unternehmenskultur betrachten?
„Vertrauen” ist geprägt durch
- freiwilliges Erbringen einer (riskanten) Vorleistung durch den Vertrauensgeber
- Verzicht auf explizite Sicherungs- und Kontrollmaßnahme
- die Erwartung, dass der Vertrauensempfänger motiviert und fähig ist, seine Verpflichtungen in einem sozialen Kontext gegenüber dem Vertrauensgeber wohlwollend zu erfüllen*
Kein erfolgreicher Change ohne Vertrauen
Vertrauen hat ein so entscheidendes Gewicht für den gemeinsamen Erfolg und gleichzeitig ist der Grad schwer messbar. Unser Vertrauen ist ausgesprochen sensibel und äußerst anfällig für Störungen. Ist es einmal verspielt, lässt es sich in der Regel nicht einfach wieder herstellen.
Unter dem Titel Vertrauenskompetenz als Ressource für Veränderung in Zeiten von Agilität und Digitalisierung fasst Harri Fechtner vom Institut für Management und Organisation (Bochum) zusammen, dass Veränderungsprozesse (und die Digitalisierung stellt einen Super-Veränderungsprozess in Unternehmen und Gesellschaft dar) nur vertrauensbasiert zum Erfolg führen. Denn bei Veränderungen geht es wesentlich darum, neues Wissen zu sammeln und dieses neue Wissen auch in Handlungen einzusetzen – also zur Grundlage des Handelns zu machen – und dabei davon auszugehen, dass die Veränderungen zu einem gemeinsamen Positiven führen.
Über Vernetzungen zur Vertrauenskultur
Wenn die genannten Autoren von Vertrauensmanagement sprechen – letztlich also von der Steuerung einer Vertrauenskultur und von Investitionen in diese – hört sich das nicht nach dem an, was Vertrauen wachsen lässt. Die Vorstellung von einem gesteuerten Vertrauen wirkt schnell irgendwie verdächtig. Vertrauen lässt sich nicht erzwingen – wir können es nur gewinnen. Gleichzeitig müssen wir aber anfangen, offen über Vertrauen zu sprechen.
Vernetzungen sind eine Möglichkeit, um ein Klima zu schaffen, in dem Vertrauen wachsen kann. Das gilt auch im Unternehmenskontext. Wobei Möglichkeiten eben genau das sind – sie können auch ungenutzt bleiben. Vernetzung schafft Kommunikation. Wenn wir anfangen miteinander zu sprechen und einander zuzuhören ist das die Basis für Transparenz. Über was wir sprechen, das verschweigen wir nicht mehr! Und hier beginnt es: bei der Offenheit. In einem solchen Klima kann sich Vertrauen entwickeln und weiter wachsen.
(Selbst)Vertrauen wirkt – auf einen selbst und auf Andere
Eines der ersten Events bei Comspace hat ein junger Kollege, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hatte, organisiert. Nach der Übernahme bleibt er in dem Entwickler-Team, in dem er auch seinen Abschluss gemacht hat. In dieser Situation bleibt jemand schnell der “ewige Azubi”. Ermutigt durch talee organisierte dieser Kollege ein MarioKart Tunier. Über 30 Teilnehmer, eine Menge Spaß und teamübergreifende Vernetzung findet statt – über Hierarchien hinweg. Viele Teilnehmende publizieren das Event auf diversen Kanälen nach außen (Employer Branding auf twitch – eine tolle Idee übrigens).
So ein Erfolg bestärkt den Kollegen, er kann sich als kompetent und selbstwirksam erfahren – wichtig für Selbstvertrauen. Genauso wichtig ist jedoch, dass wir als Kollegen ihn danach anders wahrnehmen. Unmittelbar nach dem Event ergreift unser Jung-Entwickler ermutigt erneut die Initiative. Er initiiert, denn beim MarioKart Abend hat er ja ausprobieren können, wie er Menschen zusammenführt, eine Arbeitsgruppe, um die Coding-Conventions für eines unser Softwareprodukte zu überarbeiten. Eine Teamleiterin, ein Teamleiter und zwei Kollegen folgen der Einladung und vertrauen dem Organisationstalent des Kollegen. Sie teilen Projekterfahrungen und Wissen und ein “verstaubtes” Dokument im Unternehmenswiki wird zum Leben erweckt und seit dem auch kontinuierlich gepflegt.
Ein kleines Beispiel für die Wirksamkeit von Vertrauen. Erfolg wächst aus solchen kleinen Fortschritten.
Gemeinsames Handeln – gerade außerhalb eines direkten Arbeitskontextes – schafft vertrauensfördernde Transparenz. Und zwar durch eine andere Ebene der Kommunikation. Das Vertrauen spielt sich, im wahren Wortsinn, ein, wenn es gerade nicht um die Arbeit geht.
Mangelndes Vertrauen frisst Zeit und Geld
Und das hat natürlich auch ganz handfeste betriebswirtschaftliche Vorteile: Michael Eichinger diskutiert in seiner oben erwähnten Dissertation, dass Vertrauen in einer Organisation oder zwischen Organisationen die sog. Transaktionskosten verringert. Die Idee der Transaktionskosten ist ja relativ komplex. In seinem Buch “The Speed of Trust” (2006) spricht Stephan M.R Covey schlicht von einer Tax (Steuer), die geringes Vertrauen kostet. Mangelndes Vertrauen ist also teuer und kostet Zeit. Wer nicht vertraut, will sich absichern und kontrollieren – und das dauert.
Digitalität soll Agilität schaffen. Gerade das Agile Manifesto in seiner ursprünglichen schlichten Formulierung setzt unausgesprochen voraus, dass die Beteiligten einander vertrauen, denn nur in einem Vertrauensverhältnis kann man die Zusammenarbeit mit dem Kunden wichtiger als Vertragsverhandlungen schätzen. Wenn das Reagieren auf Veränderung wichtiger als das Befolgen eines Plans ist, dann nur weil die Beteiligten einander vertrauen und davon ausgehen, dass die Absicherung durch den Plan nicht zwingend notwendig ist.
Harri Fechtner schreibt: „Vertrauenskultur definiert Vertrauen als Dynamische Kompetenz, als Schlüsselkompetenz des Wandels: Mitarbeiter müssen „Sich-Einlassen wollen” auf die „Anmaßungen” und „Zumutungen” des Managements. Daher muss Vertrauen und das Aufbauen von Vertrauenspotentialen an vielen Stellen im Unternehmen – als Bedingung für das Entwickeln von Vertrauen durch jeden Einzelnen – erlernt werden.“
talee ist kein Management-Tool. Vielmehr sind die Events eine Möglichkeit an vielen Stellen in einem Unternehmen jene Bedingungen zu schaffen für das Entwickeln und Festigen von Vertrauen; also ein Instrument der Unternehmenskultur.
Nutzen wir es, denn Vertrauen macht uns alle gemeinsam erfolgreicher.
Wie genau? Fragen Sie uns.
*sehr kurz nach der sehr umfangreichen Dissertation von Michael Eichinger
- Wir nennen es Slow-Dating-Feedback - 18. Juli 2023
- Zwischen Alt und Neu das Gute finden – So geht Modern Work - 4. Juli 2023
- … und dann Netzwerken. Online! - 7. September 2020