Einer unserer Ansprüche bei comspace ist:
Wir lernen täglich dazu und entwickeln uns weiter
Am liebsten tun wir das gemeinsam mit unseren Kunden. Und gerade wenn es um die Art und Weise der Zusammenarbeit geht, macht es Sinn, sich miteinander weiter zu entwickeln.
Dazu hatten wir vor Kurzem einen Workshop zu agiler Arbeitsweise veranstaltet, zu dem wir Kunden, aber auch interessiere Menschen aus dem comspace Netzwerk eingeladen haben.
Die Arbeitsweise bei comspace
Im Prinzip arbeitet comspace bereits seit 2002 mit agilen Methoden. Allerdings nutzten wir die Prinzipien damals noch lange nicht so strukturiert, wie es erst ein Jahr vorher beim Treffen von siebzehn Software-Menschen in Utah als Agile Manifesto aufgeschrieben wurde.
Die Arbeitsweise bei comspace hat in fast 20 Jahren verschiedene Iterationen durchlaufen. Sie hat sich an Kunden angepasst und wurde durch neue, tolle Menschen in unseren Teams bereichert und verbessert.
Hinzu kommt, dass wir nicht die eine festgeschriebene Arbeitsweise haben, sondern sich unsere Teams selbst organisieren und die bestmöglichen Methoden anwenden, um effektiv mit unseren Kunden zusammen zu arbeiten.
Warum macht eine agile Arbeitsweise eigentlich Sinn?
Das beste Beispiel warum agiles Projektmanagement, das auf die Bedarfe der Kunden eingeht, Sinn macht, gab unser Head of Account Management Johannes:
Stellt Euch ein Webseitenprojekt in 2010 vor. Ein aufwändiger Relaunch, geplant über 2 Jahre mit einem wunderbaren Wasserfall-Projektplan. Mit der Technologie Flash statt HTML. Seit das iPhone 2007 auf den Markt kam und von Anfang an kein Flash unterstützte, gab es Diskussionen über die Zukunft der Technologie. Dann veröffentlichte Steve Jobs 2010 seine „Thoughts on Flash“ und es war klar: Flash wird es auf dem iPad nicht geben und die Technologie scheint immer weiter vom Mainstream weg zu driften.
Spätestens jetzt ist zum Wohle des Kunden eine Intervention nötig, um den Relaunch nicht weiter auf einer schwindenden Technologie durchzuführen, wodurch das Endergebnis praktisch wertlos für den Kunden würde.
Lässt sich agiles Arbeiten lernen?
Unsere Kollegin Mareike hat sich bereits vor einiger Zeit, nach über 10 Jahren bei comspace, formal zur Agile Coachin ausbilden lassen. Sie wollte eigentlich den Vortrag zu agile halten, das private Projekt Schwangerschaft hat aber kurzfristig andere Prios gesetzt.
Perfekter kann man aber den wichtigsten der 4 agilen Grundwerte gar nicht in Szene setzen 😉 Welcher das ist, lest Ihr weiter unten. So kam unsere neue Mitarbeiterin Kirsten Grosser zum Einsatz, die nach diversen Stationen in der Modebranche bei uns als Agile Coach am Start ist.
Kirsten hat auch gleich das gesamte gut 20-köpfige Publikum abgeholt und die wichtigsten Kernpunkte der agilen Arbeit mit dem Cynefin-Modell eingeordnet und erklärt. Cynefin ist das walisische Wort für „Lebensraum“. Das gleichnamige Framework für Wissensmanagement wurde von Dave Snowden bei IBM entwickelt:
In der Mitte ist ein unklarer Raum, von dem aus sich eine Vierfeld-Matrix entspannt, die 4 verschiedene Systeme enthält:
- komplex – Erkenne erst am Ende des Ausprobierens, warum und wie sich eine Ursache auswirkt
- kompliziert – Experten untersuchen das Problem und können viele verschiedene (bekannte) Lösungswege nutzen
- chaotisch – Ursache und Wirkung haben keinen erkennbaren Zusammenhang mehr. Ziel ist nur: Wirkung erzielen, ohne die Ursache zu berücksichtigen
- einfach – Ursache und Wirkung sind klar und ich kann auch als Nichtexperte mit bekannten Lösungen arbeiten
Diesen 4 Feldern in der Matrix ordnete Kirsten typische Probleme des Projektmanagement, daraus entstehende Beispiele und Arbeitsmethoden wie Design Thinking, SCRUM, Kanban und Wasserfall zu.
Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Schritte, die bei der Arbeit in entsprechenden Projekten Sinn machen:
- ausprobieren – erkennen – reagieren führen zum Ermergent Practice
- erkennen – analysieren – reagieren – schaffen ein Good Practice
- handeln – erkennen – reagieren – erzeugen ein Novel Practice
- erkennen – kategorisieren – reagieren – bringen ein Best Practice hervor
Neben der Einordnung der Methoden und Practices gab Kirsten einige allgemeingültige Tipps zum Umgang mit Herausforderungen:
- Wenn man agile Methoden ernst nimmt, kann es keine Vorlage oder Blueprint geben.
- Aber es gibt Modelle zur Entscheidungsfindung.
- Mit althergebrachten Methoden finden wir meistens keine Antworten auf neue Problemstellungen aus einer sich ständig verändernden Welt.
- Es gibt Modelle zur Entscheidungsfindung.
- Aus VUCA Problemen entsteht das Bedürfnis nach Stabilität und Sicherheit in Form von Kompetenz und eben Agilität.
- Die einfache „haben wir schon immer so gemacht“-Haltung kann in einem komplexen System zum Abrutschen ins Chaos führen.
- In geordneten Systemen kann Agilität zu viel Aufwand erzeugen.
- Agilität ist kein Selbstzweck und besteht zu 80% aus Haltung und 20% aus Methoden.
Die Haltung begründet sich einerseits auf dem bereits oben genannten, 2001 entstandenen Agile Manifesto und andererseits brachte Kirsten die Haltung mit Simon Sineks Golden Circle auf den Punkt:
WAS machen wir WIE und vor allen Dingen: WARUM?
Was gemacht wird, weiß eigentlich jedes Unternehmen noch recht genau. Wie das genau umgesetzt wird, wissen schon weniger. Fragt man dann nach dem Warum wird die Luft oftmals relativ dünn.
Das Gute ist, dass die 4 Grundwerte des Agilen Manifests zum einen das Warum für agil gut beantworten und darüber hinaus auch durchaus gute Warums für das Wirtschaften eines Unternehmens sein können:
- Individuen und Interaktion sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
- Funktionierende Produkte vor umfassender Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen.
- Auf Veränderungen zu reagieren ist wichtiger als einen vordefinierten Plan umzusetzen.
Agile Releaseplanung mit Storymapping
Unser Projektmanager für Sitecore Sören hat am Beispiel seiner eigenen Persona
Sören ist 38, fährt gern Mountainbike und steht auf Apple Produkte
und der Vision:
App entwickeln für das Projekt „Alpenüberquerung mit dem Mountainbike“
das Prinzip des Storymappings erklärt.
Zunächst sammelte er alle Punkte, Voraussetzungen, Ressourcen und Tätigkeiten, die für die Durchführung des Projektes nötig sind.
Danach brachte Sören die einzelnen Aktivitäten und Anforderungen in eine zeitliche Reihenfolge:
Wann findet welche Aktivität im Ablauf des Projektes statt und wann wird welche Ressource gebraucht? Welche Unteraufgaben bzw. Sub-Tasks sind notwendig?
Anhand dieser Visualisierung findet man mit dem Kunden schnell heraus: Welche Aufgaben sind essenziell und besonders relevant, welche haben niedrigere Prio. Aber auch: Welche Punkte sind möglicherweise auf den ersten Blick nicht relevant, wirken sich aber auf spätere Aktivitäten der Storymap signifikant aus?
Daraus kann man hervorragend ableiten, wie und wo der Kunde unterstützt werden kann und wann welche Bestandteile entwickelt werden sollten.
Immer basierend auf dem schnellen Feedback des Nutzers zu den einzelnen Releaseschritten. So läuft man nicht Gefahr, vom Kunden und Nutzer weg zu entwickeln. Viel mehr sorgen kurze Entwicklungssprints im engen Austausch zu Ergebnissen, die auf die Sinnhaftigkeit für den Nutzer evaluiert werden.
Tiefer kann man in das Thema Storymapping durch diesen Artikel und natürlich das Buch vom Erfinder Jeff Patten einsteigen.
Agilität durch vernetzte Menschen im Unternehmen
Tilmann brachte das Thema Agilität noch einmal auf eine andere Ebene:
Wenn Agilität wie Kirsten sagt zu 80% von Haltung abhängt und zu 20% von Methoden, dann hängt der erfolgreiche Einsatz natürlich auch zum Großteil von den Menschen ab, die agil arbeiten sollen.
Als Beispiel führte Tilmann die „User Story“ von Henning an: Unserem Projektmanager, der die comspace Laufgruppe mit regelmäßigem Training und fachlichen Tipps unterstützt hat. Die comspace Laufgruppe hat aber nicht nur einige Menschen im Unternehmen sportlicher gemacht und zu verschiedenen Teamerfolgen bei Volksläufen gebracht, sondern dazu geführt, dass die Menschen sich auf einer anderen Ebene kennen gelernt und ausgetauscht haben.
Auf Ebenen, die sich in der alltäglichen Zusammenarbeit positiv ausgewirkt haben. Menschen, die sich gut verstehen und von ihren Stärken und Schwächen wissen, können auch einfacher aus ihren Silos herauskommen, eine andere Perspektive einnehmen und an komplexen Problemen einer sich ständig verändernden Welt arbeiten.
„Verschachtelter Code, den nur die ursprünglichen Entwickler_innen verstehen ist keine Arbeitslosenversicherung.“
Gut vernetzte Menschen im Unternehmen stellen Gemeinsamkeiten und sich gegenseitig ergänzendes Wissen viel schneller und einfacher fest, als strikt getrennte Abteilungen, die sich allenfalls mal auf der Weihnachtsfeier begegnen.
Mit einer kurzen praktischen Übung, in der sich die Teilnehmer*innen in wenigen Minuten näher kennen lernten, veranschaulichte Tilmann seinen Ansatz.
Mit all diesen Erkenntnissen arbeitet Tilmann übrigens beim comspace Startup talee, das mit seiner effektiven Vernetzungs-Methode eine sehr perfekte Grundlage für die menschliche Basis und Haltung für Agilität bietet.
Agil ging es weiter.
Im Anschluss konnten sich die Teilnehmer*innen mit ihren Fragen und Anregungen in einem Open Space an mehreren Treffpunkten unseres 8.OG austauschen.
U.a. wurde lebhaft darüber diskutiert, wie man agiles Arbeiten im Unternehmen einführen und verankern kann. Und wie man dabei die Hürde überwindet, wenn die Führungsebene keine Notwendigkeit dazu sieht. Die überwiegende Meinung ging in die Richtung, dass ein graswurzelartiges Einführen von agilen Arbeitsweisen nicht funktioniert, sondern dass die Führungsriege mitziehen und eine veränderte Arbeitsweise unterstützen muss.
Tipp: Ein kleines Projekt auf agile Weise durchführen und die sich daraus ergebenen Erfolge deutlich intern dokumentieren und kommunizieren.
Agile Coach Maike stellte in einer Session den Ansatz des Design Thinking vor, eine Methode zum kreativen Entwickeln und Testen von neuen Ideen und Produkten. Wichtig und nicht zu unterschätzen ist dabei, dass vor der Ideen-Generierung eine intensive Phase der Bestandsaufnahme und genauen Analyse des Problems stehen muss. Optimale personelle Voraussetzung für die Methode ist das Zusammenstellen eines interdisziplinären Teams, das für diese Aufgabe von jeder anderen Tätigkeit freigestellt wird.
Diese und weitere Session-Themen beschäftigten uns, bis wir mittags eine weitere agile Veränderung im Tagesablauf vorgenommen haben und gemeinsam zur Klimastreik-Demo des Weltklimatags gegangen sind.
Uns würden nun Eure Erfahrungen interessieren: Wann und wo machen agile Haltung und Arbeit für euch Sinn?
Danke nochmal für den Workshop! Ich hatte mir damals einige Notizen gemacht und mir gerade nochmal den Abschnitt „Lässt sich agiles Arbeiten lernen?“ durchgelesen und als Anregung daraus die Themen „Cynefin-Framework“, „VUCA“ und „Golden Circle“ intensiv beleuchtet. Danke für den sehr inspirierenden Vortrag!