UX Heuristiken Reloaded: Barrierefreiheit mit Jakob Nielsen revolutionieren

Die digitale Welt verlangt nach barrierefreien und nutzerfreundlichen Angeboten, um allen Menschen den Zugang zu digitalen Inhalten zu ermöglichen. Das Thema digitale Barrierefreiheit gewinnt zunehmend an Bedeutung, nicht nur aus rechtlichen Gründen (der Stichtag für die Umsetzung der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) am 25. Juni 2025 rückt näher), sondern auch, weil es die Nutzererfahrung für alle verbessert. Auf unserem diesjährigen Rooftop Hub Anfang Juni sprach unsere UX-Expertin Antje Lehmann darüber, wie sie die 10 UX Heuristiken von Jakob Nielsen auf die Barrierefreiheit anwendet, um die Lücke zwischen einer guten Nutzererfahrung und Barrierefreiheit zu schließen. 

Dazu sagt Antje ganz deutlich:

”Man muss sich auch klar darüber sein: Die Erfüllung der WCAG-Kriterien heißt auch nicht unbedingt gute Usability.”

Die Nielsen Heuristiken wurden bereits 1995 entwickelt, bieten aber nach wie vor eine gute Grundlage für die Analyse und Verbesserung der Usability von Webseiten und Apps. In ihrem Talk verknüpft Antje die Heuristiken mit den vier PUR-Prinzipien der WCAG: Perceivable (Wahrnehmbar), Operable (Bedienbar), Understandable (Verständlich) und Robust. Durch diese Verbindung können UX Designer*innen eine Website in einer heuristischen Analyse auf ihre Barrierefreiheit prüfen, ohne dabei den User aus den Augen zu verlieren. 

Besonders im Hinblick auf die zunehmende Alterung der Bevölkerung und die wachsende Anzahl an Menschen mit Behinderungen ist die digitale Barrierefreiheit ein dringendes Thema. Laut Statistik sind etwa 9,4 Prozent der Menschen in Deutschland schwerbehindert, und dieser Anteil wird bis 2030 voraussichtlich weiter steigen. Eine barrierefreie Gestaltung digitaler Angebote ist daher nicht nur ein Gebot der Inklusion, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil.

Antje betont auch, dass barrierefreie Angebote nicht nur Menschen mit dauerhaften Behinderungen zugutekommen. Denn auch temporäre Einschränkungen, wie ein gebrochener Arm oder altersbedingte Sehschwächen, können die Nutzung digitaler Angebote erschweren. Durch die Anwendung der UX-Heuristiken lassen sich solche Barrieren effektiv überprüfen und abbauen.

Wie Jakob Nielsens Heuristiken die digitale Barrierefreiheit unterstützen

Die zehn UX-Heuristiken von Jakob Nielsen bieten eine bewährte Grundlage, um Websites und Apps barrierefreier und damit für alle nutzerfreundlicher zu gestalten. Dies sind die wichtigsten Prinzipien und wie sie auf Barrierefreiheit angewendet werden können:

  • Sichtbarkeit des Systemstatus: Erkennen statt Erinnern
    Funktionen und Informationen werden so präsentiert, dass sie überhaupt von jedem Nutzenden bemerkt werden können. Wichtig ist hier das sog. Zwei-Kanal-Prinzip. D.h. die Informationen werden in mehreren Modalitäten (Text, Bilder, Audio) präsentiert. Und natürlich gehört bei der Tastaturbedienung der sichtbare Fokusrahmen für alle interaktiven Elemente dazu. Wichtiges sollte erkennbar und nicht nur erinnerbar sein, um den Nutzenden zu entlasten.
  • Benutzerkontrolle und Freiheit: Flexibilität und Effizienz der Nutzung
    Die Nutzenden sollen die Möglichkeit haben, Aktionen problemlos rückgängig zu machen und wiederherzustellen. Ein Beispiel: Navigationsflyouts sollten auch per Tastatur problemlos wieder geschlossen werden können, ohne erst alle Inhalte durch zu navigieren.
  • Fehlerprävention: Hilfe und Dokumentation
    Dazu reicht eigentlich ein Satz: Macht es anders als Elster. Interfaces und Inhalte sollten so gestaltet sein, dass sie für alle Benutzenden leicht verständlich sind und Fehler im besten Fall gar nicht erst passieren. Hilfe sollte leicht auffindbar und zielgerichtet sein.

Vorteile und Chancen von barrierefreiem Design

Die Anwendung der UX-Heuristiken bietet zahlreiche Vorteile, die über die reine Einhaltung von Standards hinausgehen. Hier sind einige der wichtigsten Vorteile, die sich aus der Nutzung dieser Prinzipien ergeben:

  • Verbesserte Benutzerfreundlichkeit:
    Eine einfache und intuitive Navigation erleichtert allen Nutzenden den Umgang mit digitalen Angeboten.
  • Positive Nutzererfahrung:
    Zufriedene Nutzende kehren eher zurück und empfehlen die Seite weiter.
  • Breitere Zielgruppe:
    Ein barrierefreies Design spricht eine größere Anzahl von Menschen an, einschließlich älterer Nutzer und solche mit temporären Einschränkungen, so dass sich die Zielgruppe für Unternehmen erweitert. 

Fazit

Barrierefreie UX hilft uns allen – das ist Antjes zentrale Botschaft in ihrem Talk. Dabei bieten die Heuristiken von Jakob Nielsen eine bewährte Grundlage, um digitale Angebote nutzerfreundlicher und gleichzeitig zugänglicher zu gestalten. 

Im Anschluss an die theoretischen Grundlagen zeigt Antje anhand einiger interessanter Beispiele von großen Websites, welche Aspekte der Barrierefreiheit gut umgesetzt wurden und wo noch Optimierungsbedarf besteht.   

Neugierig geworden? Dann schaut euch diese Aufzeichnung von Antjes Talk an und erfahrt mehr zu dem Thema:

Aufzeichnung des Rooftop Hub Talks von Antje Lehmann, UX Consultant bei comspace
Anke Lorge

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