Wie organisiert sich ein vierköpfiges HR-Team? Wer ist hier eigentlich für was zuständig? Wie wollen wir administrative Themen und E-Mails aus dem Tagesgeschäft bearbeiten, uns über Internes auf dem Laufenden halten und den Menschen in unserer selbstgewählten Teambezeichnung „People & Culture“ gerecht werden?
Von 3 zu 2 zu 4
So knapp lässt sich die Entwicklung des People & Culture Teams bei comspace in 2019 beschreiben. Bis zum Frühjahr dieses Jahres bestand unser P&C Team aus drei Personen – Sarah J., Carla & Sarah B.. Als klar wurde, dass unser Team sich erst von drei auf zwei Personen verkleinern und dann durch eine wunderbare Fügung (und unsere einladende Stellenausschreibung) von zwei auf vier (statt geplanten drei) Personen vergrößern würde, standen wir vor einer (in unseren Augen) großen Herausforderung: Wir organisieren wir uns und unsere Themen neu?
Was früher mit zwei oder auch mit drei Personen gut funktionierte – Kolleg*in kommt mit einem Anliegen ins Büro, wir klären spontan und situativ, manchmal nur durch kurzen Blickkontakt, wer Zeit für ein Gespräch hat, ein Dokument entgegennimmt oder ähnliches -, war mit vier Personen unübersichtlich geworden. Regelmäßig standen Kolleg*innen bei uns im Büro vor vier Schreibtischen und wussten nicht, an wen sie sich wenden sollten. Auf unserer Seite hat dies dazu geführt, dass wir uns alle erstmal Zeit genommen und die aktuelle Arbeit unterbrochen haben. Irgendwie war das komplett selbstorganisierte System ineffizient geworden.
Spezialisierung oder Generalisierung? Beides!
Unser neuer Kollege Peter, seines Zeichens ein echter Methodenprofi in Sachen Teamentwicklung, half uns als Team von Anfang an dabei, einen Überblick über unsere Aufgaben und Themen zu entwickeln (darüber erzählt Peter hier oder an anderer Stelle sicher gerne mal mehr – so wie kürzlich beim DATEV DigiCamp).
Schnell wurde klar: Wir vier engagieren uns gleichzeitig in vielen unterschiedlichen Personalbereichen, sind (der klassischen Aufteilung angelehnt) mal Sachbearbeiter, Personalreferent oder Business Partner:
- Betreuung & -beratung
- Entwicklungsbegleitung unserer Kolleg*innen (a.k.a. Personalentwicklung**)
- Arbeitgebermarketing & Recruiting
- On- & Offboarding
- Administration & Organisation
- Vernetzung & Austausch
- usw.
[**kleiner Exkurs: Den Begriff Personalentwicklung versuche ich aus zwei Gründen zu vermeiden: Der Begriff „Personal“ steht für mich für ein tayloristisch geprägtes Organisationssystem, in dem „das Personal“ Dienst für das Management leistet. Bei comspace arbeiten wir sehr eigenverantwortlich und auf Augenhöhe miteinander. Um dieser Perspektive auch sprachlich gerecht zu werden, haben wir z.B. auch die Abkürzung HR als Human Relations interpretiert. Darüber hinaus klingt die Entwicklung des Personals nach einer Fremdsteuerung, einer Einwirkung von Außen, die meiner Meinung nach nicht gut funktionieren kann, da Weiterentwicklung am besten intrinsisch motiviert passiert.)
Natürlich hat jede*r von uns bestimmte Vorlieben, Interessen & Stärken, die wir im Team einbringen und weiterentwickeln. Neudeutsch (aber immerhin auch schon seit ca. 30 Jahren) nennt man das T-Shaped-Skills oder sogar Pi-Shaped-Skills, denn ein Spezialgebiet reicht in der heutigen komplexen Arbeitswelt unter Umständen gar nicht mehr aus. Bei Carla sind das z.B. die Themen Ausbildung, Gesundheit & Arbeitsschutz, bei Peter Personal-** & Teamentwicklung und Employer Branding, bei Katharina die Themen Gehaltsabrechnung, On- & Offboarding, bei mir selbst Employer Branding, Recruiting & Weiterbildung.
Administrative Aufgaben für alle
Neben unseren stärken- und erfahrungsbasierten vertikalen T- oder Pi-Linien, gibt es für uns regelmäßige administrative Aufgaben und Themen, die wir zuverlässig und zeitnah bearbeiten wollen:
- Krankmeldungen & AUs von Kolleg*innen entgegennehmen, im Personaldatentool einpflegen und die Krankmeldungen beantworten.
- Ablage von aktuellen Dokumenten (Arbeitsverträge, Krankenkassenbenachrichtigungen, etc.)
- Eingehende Bewerbungen im Jira einpflegen und Eingangsbestätigung verschicken (wer den Recruitingprozess weiterbearbeitet, entscheiden wir darüber hinaus im Team)
- Weiterbildungswünsche der Kolleg*innen im Jira pflegen/verfolgen
- Stammdatenänderungen im Personaldatentool und für die Gehaltsabrechnung einpflegen
- Bei Bedarf: P&C News an alle Kolleg*innen schreiben (über Eintritte von neuen Kolleg*innen, relevante Infos für alle etc.)
Diese Aufgaben möchten wir aus unterschiedlichen Gründen nicht an einer Person festmachen:
- Bei krankheitsbedingtem Ausfall oder anderer Abwesenheit muss man eine Vertretung organisieren. Wer dann nicht mit den Abläufen vertraut ist, muss sich erstmal neu „reinfinden“.
- Für uns (und besonders für die Newbies im Team Katharina & Peter) sind die administrativen Infos eine wichtige Informationsquelle, ein gutes Feedback zu aktuellen Themen und Kennzahlen (z.B. Krankmeldungen) und ein wichtiger Bestandteil der grundlegenden HR-Arbeit.
- Die Administration bei über 100 Personen ist mittlerweile eine eigenständige recht umfangreiche Aufgabe. Wer dieses Thema dauerhaft übernimmt, muss durchschnittlich 1-2 Stunde pro Tag dafür einplanen, die folglich für andere Spezialthemen fehlt.
Zusammengefasst wollen wir sicherstellen, dass für die wichtigen administrativen Themen ein fester Ansprechpartner für die Kolleg*innen verfügbar ist, der Dokumente und Anliegen entgegen nimmt. Gleichzeitig möchten wir nicht alle Aufgaben bei einer Person einplanen, die dann entsprechend weniger Ressourcen für anderen Themen dauerhaft zur Verfügung hat
Unser HR Hack: Verwalter*in of the week
- Jede*r aus dem Team ist eine Woche lang Verwalter*in of the week und erledigt die anfallenden Aufgaben eigenverantwortlich
- Alle anderen im P&C-Team erhalten weiterhin Kenntnis von den Themen (z.B. eingehende Krankmeldungen landen im P&C Mailverteiler, werden aber nur von der jeweils verantwortlichen Person bearbeitet).
- Die Wochen haben wir uns rollierend im Kalender geblockt. So verpasst man keine Zuständigkeit und bei Urlaub kann man entsprechend rechtzeitig umplanen und die Wochen tauschen. Die nicht diensthabenden ¾ des Teams können sich drei Wochen lang darauf verlassen, dass die administrativen Themen zuverlässig bearbeitet werden, ohne dass jeder einzelne Vorgang nochmal abgesprochen werden muss.
- Der Charme des Analogen: Um den Kolleg*innen eine Orientierung im P&C-Büro zu erleichtern, haben wir eine Übersicht am Türrahmen aufgehängt. Der Pfeil wird entsprechend der wöchentlichen Zuständigkeit verschoben. So weiß jede*r direkt, wer in bestimmten Belangen anzusprechen ist, bei wem man das ärztliche Attest abgeben kann usw.
- So ganz ohne „digital“ können wir aber doch nicht. 😉 Zusätzlich zur Übersicht an der Bürotür, markiert der/die Verwalter*in of the week im Slack den wöchentlichen Dienst mit einem Krönchen im Status. (Danke für diese Anregung, Mike!) So wissen alle Kolleg*innen auch, wer in der jeweiligen Woche zu bestimmten Themen oder Fragen angeschrieben werden kann.
- Wichtig ist uns, dass dieses Verfahren eine Orientierungshilfe sein soll und kein Gesetz. Manchmal möchte man eben mit genau einer bestimmten Person über ein konkretes Anliegen sprechen. Deswegen sind wir alle über die wöchentliche Zuständigkeit hinaus weiterhin jederzeit für unsere Kolleg*innen ansprechbar.
Unser Fazit nach zwei Monaten
Es läuft entspannter.
Durch unsere neue Aufgabenrolle haben wir im Team zu mehr Struktur gefunden, die unserem (oft sowieso schon fragmentierten) Tagesablauf gut tut. Die eigene Verwaltungswoche lässt sich gut planen und in den übrigen drei Wochen darf man sich guten Gewissens auf die Teamkolleg*innen verlassen.
Von den übrigen Kolleg*innen wird unser neues System gut angenommen und das Verfahren ist einleuchtend und unkompliziert. Jedenfalls blicken wir seitdem seltener in hilflose Gesichter, wenn Kolleg*innen unser Büro betreten. 😉
Trotzdem bleiben wir neugierig: Wie organisiert ihr euch im HR Team? Habt ihr eure eigenen kleinen oder großen Workhacks entwickelt? Teilt gerne eure Experimente, Erfahrungen und Fragen mit uns in den Kommentaren.
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen